Anwendungsbeispiele Giardina 2025

Wenn Kunst zum Erlebnis wird

Wer auf der Thunstrasse die Campagne Rubigen passiert und zwischen den Stämmen der urwüchsigen Bäume hindurchblickt, erhält eine Ahnung vom kleinen Paradies im Schatten der Schlossfassade.

Housi Knecht
Bern, Schweiz

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Skulpturenpark Schloss Rubigen – Kunst in Licht und Wasser

Eine perforierte Stahlkugel blitzt in der Sonne, daneben steht eine groß dimensionierte Harfe aus Chromstahl, zwischen deren Hals und Korpus sich Saiten mit feinen Wasserstrahlen spannen. Es sind nur zwei der zahlreichen Skulpturen im Park des Schlosses Rubigen. 3.000 Quadratmeter groß ist der Garten des Landsitzes, der 1728 gebaut wurde und einst unter anderem der Schauspielerfamilie Kohlund gehörte.

Ihre ganze Pracht entfalten manche Kunstwerke erst nach Einbruch der Dunkelheit, wenn die Markenzeichen ihres Schöpfers zur vollen Geltung kommen: Mit Licht- und Wasserelementen erzeugt Housi Knecht verblüffende und einzigartige Eindrücke. Unbestritten hat der unermüdliche Künstler mit seiner „positive dynamic art“, in denen Kugeln und abgerundete Formen eine wichtige Rolle spielen und sich Härte mit Leichtigkeit paart, ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen.


Die Muse an seiner Seite

Auf einem gekiesten Weglein des einst verwilderten und längst sehr gepflegten Gartens steht Housi Knecht, als seine Frau Barbara hinzukommt. Woher nimmt er trotz fortgeschrittenen Alters noch immer die Inspiration für seine Werke? Der Mann mit dem schwarzen Gilet nimmt seine Frau in die Arme und drückt ihr ein Müntschi auf die Wange. Und lässt keinen Zweifel daran, wer hier die Muse ist, von der er immer wieder geküsst wird.

Im Mai feierte Housi Knecht seinen 70. Geburtstag – und strotzt vor Energie. Das merkt, wer ihm an einem der vielen öffentlichen Anlässe im Schlössli zuhört. Der Berner ist nicht nur ein begnadeter Künstler, sondern auch ein gekonnter Redner. „Ich bin halt ein Laferi“, entschuldigt er sich fast für seinen kaum je versiegenden Redefluss.

Jeweils an Samstag- und Sonntagnachmittagen stehen die Galerie und der Park zur Besichtigung offen, hin und wieder finden Konzerte oder andere Anlässe statt. In vielen Details schildert der begnadete Erzähler die Entstehungsgeschichte seiner Werke, weiß fast von jedem, wo sie heute stehen. „Es war immer mein Traum, meine Werke in einer permanenten Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ 2013 hat er sich diesen Wunsch mit dem Kauf des Schlosses erfüllt, wo er seither den oberen Stock bewohnt.


Von Bern in die Welt – und zurück

Doch Housi Knecht redet nicht nur, er schafft auch viel. Fast täglich ist er in seinem Atelier in Gümligen anzutreffen. Dort gehen ihm drei Assistenten zur Hand, teilweise arbeiten sie schon seit vielen Jahren zusammen. Auf ihre Hilfe ist er angewiesen, denn für seine Skulpturen hantiert Knecht mit tonnenschwerem Material und benutzt hochwertige Schweißgeräte. Dabei funktioniert der Autodidakt sehr strukturiert.

Am Anfang des oft langen Herstellungsprozesses, der bis zu 3.000 Stunden in Anspruch nehmen kann, steht immer eine Skizze. „Denn was man zeichnen könne, lasse sich später auch in dreidimensionale Form bringen.“ So war es auch bei seinem jüngsten Auftragswerk, einer drei Meter hohen Skulptur mit einem Pendel in Form eines Zeitauges.

Vor der Coronapandemie war Housi Knecht viel auf Reisen, etwa an Ausstellungen in Deutschland oder den USA, wo viele seiner Werke stehen. „Nun hat mir Covid den Stecker gezogen“, sagt er ohne Bedauern. „Früher war ich oft im Auto unterwegs, fuhr zum Beispiel am Freitagabend an die Côte d’Azur oder nach Frankfurt und am Sonntag wieder zurück.“ Das kostete viel Energie. Dass es etwas ruhiger wurde, kommt dem gefragten Artisten gelegen.

Nach der Lehre als Maschinenmechaniker in den „Lädere“ genannten damaligen Lehrwerkstätten Bern wanderte er nach Australien aus, kam aber Anfang der 1970er-Jahre wieder zurück. Das Fernweh blieb jedoch, und so reiste er unter anderem einem ehemaligen Mitstift mit dem Zug hinterher bis nach Japan, durchquerte die damalige Sowjetunion, war in Hong Kong und New York. Etwas ruhiger wurde es nicht zuletzt, als er seine Frau Barbara heiratete und eine Familie mit den beiden Töchtern Anja und Louisa gründete.


Ein Künstler mit Alleinstellungsmerkmal

Dass sich Bern zu einem Treffpunkt für internationale Vertreter und Vertreterinnen der bildenden Kunst entwickelte, kam dem weltgewandten Knecht entgegen. 1968 verhüllten die New Yorker Verpackungskünstler Christo und Jeanne-Claude die Kunsthalle Bern komplett mit weißem Polyethylen und Nylonseilen – als erstes Gebäude überhaupt. „Das war für viele eine unerhörte Aktion und sorgte für viel Aufsehen“, erinnert sich Knecht.

Es war in dieser Zeit, als Housi Knecht den Maler Hans Binz kennenlernte und feststellte, dass dieser von seiner Kunst leben kann. „Was der kann, kann ich auch“, sagte sich der junge Mann und ließ sich vom avantgardistischen Geist der damaligen Kunststadt inspirieren. In den 1970er-Jahren eröffnete er in der Altstadt sein erstes Atelier. Internationale Aufmerksamkeit erhielt er 1983 als Performance-Künstler auf der Frankfurter Buchmesse mit seinem „Kultigator“. Mit einer 30 Tonnen schweren Hydraulikpresse zermalmte er alte Fernsehapparate, die Messebesucher mitbrachten. Die flachgedrückten Platten setzte er in neue Werke ein.

Großes Renommee in der Schweiz brachten ihm schließlich die 33 Bärenskulpturen, die 1991 zum 800-Jahr-Jubiläum Berns in der ganzen Stadt aufgestellt wurden. Zwei Jahre später sorgte er mit dem Kreiselbären beim Bärengraben erneut für Aufsehen. Das Tier aus 250 Kilogramm Eisenblech mit der herausgestreckten Zunge war vielen Kritikern nicht genehm. In einer Guerilla-Aktion wurde die Skulptur gar geteert und gefedert – und der Schöpfer sah sich mit dem neuen Attribut „Bärenknecht“ versehen.

Obwohl längst im Kunstestablishment etabliert, ist Knecht im Gespräch angenehm unprätentiös. Und obwohl er längst wohlhabend geworden ist, hat er das Bonmot „Wer den Rappen nicht ehrt, ist des Frankens nicht wert“ verinnerlicht – und in einer seiner jüngsten Skulpturen im Atrium der SLM Münsingen Ausdruck gegeben.

 

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